Liebe Shangilia Freunde,
Ich hatte das große Glück im Oktober, trotz Corona-Einschränkungen, nach Shangilia reisen zu können und mir einen Eindruck von der Lage zu verschaffen. Wie wohl in allen Ländern der Welt hat sich das Leben der Menschen durch die Ausbreitung des Virus sehr verändert. Auch in Shangilia gehen Japheth Njenga und sein Team verantwortungsvoll mit der aktuellen Situation um. Bisher ist niemand in Shangilia erkrankt. Alle halten sich an die Regeln. Besucher müssen eine Maske tragen und ihre Hände desinfizieren. Abstand halten gehört zum Alltag. So konnten wir uns gemeinsam den anstehenden Aufgaben widmen und überlegen, wie wir die Kinder aus dem angrenzenden Slum wieder in unser Projekt integrieren können, wenn die Schule wieder losgeht. Diese Kinder haben eine extrem harte Zeit hinter sich und müssen dringend wieder regelmäßiges Essen erhalten und sich wieder sicher fühlen können. Dazu später mehr. Eines ist mir vor Ort klar geworden: wir müssen mehr Kinder dauerhaft in Shangilia aufnehmen, denn Corona hat das Leid der kenianischen Bevölkerung deutlich verschärft. Shangilia hat die schwierigen Zeiten bisher gut gemeistert. Auch Dank Ihnen und Ihrer kontinuierlichen Unterstützung! Es ist gut und wichtig Sie an unserer Seite zu wissen.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein Frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das Jahr 2020, Gesundheit und Zufriedenheit.
Ihre Anja Faber
1.Vorsitzende Shangilia Deutschland e.V.
Die Einreise am Flughafen ist nach einem strengen Protokoll geregelt. Der erste Eindruck ist, dass alles weitgehend normal läuft in Nairobi: Stau auf den Straßen, volle Busse, die Läden, Restaurants und Bars sind geöffnet. Die Straßen sind voll mit Menschen, die meisten tragen eine Maske, Desinfektionsmittel stehen vor jedem Geschäft und Fieber messen gehört zum Alltag. Die Schulen sind für die Klasse 4 und 8 sowie für Form 4 der Secondary School seit Oktober wieder geöffnet. Allerdings sind die Infektionszahlen wieder gestiegen, weshalb die übrigen Klassen geschlossen bleiben. Die Auswirkungen für die Kinder sind verheerend.
Die Kinder aus Kibagare, die in Shangilia zur Schule gehen, kommen drei Mal die Woche an die Eingangstür und holen sich Hausaufgaben ab. Die ausgefüllten Blätter geben sie zur Korrektur ab. Lydia und Joel sagen „Wir freuen uns auf die Aufgaben. Sie geben uns Hoffnung, dass wir bald wieder zur Schule gehen können und wir haben etwas Sinnvolles zu tun. Unser Alltag ist ansonsten öde und wir haben wenig zu tun.“ Sie wirken erschöpft und mitgenommen, teilweise verängstigt. Die letzten Monate waren hart und ein Ende der Einschränkungen ist nicht in Sicht. Wir haben eine kleine Umfrage gestartet, was denn die größten Sorgen und Nöte sind. Erschreckend sind die Ergebnisse. Dass die Eltern ihre Jobs verloren, die Familien nicht genug zu Essen haben, dass die Miete nicht gezahlt werden kann, liegt sicherlich in unserem Vorstellungsvermögen. Vielleicht auch noch, dass Väter zu Alkoholikern werden und die Last bei den Müttern liegt. Aber dass mehrere Mädchen schrieben „Wir verlieren unsere Selbstachtung!“ lässt nur im Ansatz erahnen welche Folgen dies hat. Viele Mädchen verkaufen sich um ein bisschen Kleidung oder Essen zu bekommen. Die Mädchen werden von den Männern sexuell belästigt, bedrängt, für Sex bezahlt oder vergewaltigt. Die Auswirkungen sind bereits zu sehen. Extrem viele Mädchenschwangerschaften wurden gemeldet und viele junge Mädchen werden zur Heirat gedrängt. Die Jungen gleiten in kriminelle Gruppierungen ab und nehmen Drogen. Gegenseitige Unterstützung gibt es immer weniger, aus Angst sich bei den Nachbarn anzustecken. Jeder wird verdächtigt, ein potentieller Überträger zu sein. Unsere Lehrer*innen halten den Kontakt zu den Familien, soweit es geht. Einige Familien haben ihre Kinder zu Verwandten aufs Land geschickt, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Wir müssen handeln! Auch wenn es sehr eng werden wird in Shangilia!
Unser nächstes Ziel ist es, möglichst viele Kinder aus Kibagare über einen längeren Zeitraum aufzunehmen. Aus rechtlicher Sicht geht dies derzeit nur für Klasse 4 und 8. Dafür muss ein negativer COVID-Test vorliegen. Einige Kinder konnten wir bereits zusätzlich aufnehmen. Die nächsten werden bald folgen. Sollten die anderen Klassen auch wieder unterrichtet werden können, werden wir so schnell wie möglich weitere Kinder aufnehmen. Die Zeit drängt.
Die Kinder haben Glück
Verglichen mit der Situation in Kibagare, ging es den Kindern in Shangilia seit Ausbruch der Pandemie sehr gut. Im März mussten einige Kinder auf Anordnung der Behörden zu ihren Familien zurück, doch die meisten durften in der Obhut von Shangilia bleiben. Inzwischen sind fast alle wieder zurückgekehrt. Teilweise in keinem guten Zustand, aber die vertraute Umgebung in Shangilia hilft ihnen nun, sich zu erholen.
Einige ältere Kinder aus der Secondary School sind während der Schulschließungen ebenfalls nach Shangilia zurückgekehrt. Zu den anderen wird der Kontakt gehalten. Colleges sind weiterhin geschlossen. Die Universitäten haben ihren Betrieb online wieder aufgenommen.
Die Lehrer*innen, die nicht auf dem Gelände wohnen, sind ebenfalls wieder vor Ort, da nun die Klassen 4 und 8 wieder unterrichtet werden dürfen. Für die anderen Kinder wurde ein spezielles Lernprogramm entwickelt. Nachmittags bekommen die Kinder Akrobatik-, Tanz- und Musikunterricht. Der Garten ist zur neuen Attraktion vor allem für die Jungen geworden. Die Mädchen sind jeden Tag mit ihren Frisuren beschäftigt. Grace, die eine Friseur-Ausbildung hat, ist die große Lehrmeisterin für die Mädchen. Und hat natürlich die interessanteste Frisur. Spielmöglichkeiten gibt es in Shangilia genug. Aber die Kinder vermissen die Schule. Der Jubel war groß, als bekannt gegeben wurde, dass Klasse 4 und 8 wieder unterrichtet werden. Sofort wurden alle Klassenräume noch mal auf Hochglanz gebracht. Für die anderen Kindern heißt es aber weiter warten! Und vorsichtig sein, dass Corona weiterhin einen Bogen um Shangilia macht. Auch hier müssen wir handeln!
Die Situation im Nairobi Childrens Home, aus dem wir die Kinder in der Regel aufnehmen, ist mehr als angespannt. Auch hier werden wir handeln müssen und aus dem Heim mehr Kinder dauerhaft in Shangilia aufnehmen. Zusammen mit den Community Kindern wird dies nur über zwei neue Gebäude zu realisieren sein. Die Planung läuft.
Dennis arbeitet bei Strabag International GmbH
2009 kam Dennis Micheni im Alter von 10 Jahren mit seinen beiden Geschwistern nach Shangilia. 2014 beendete er die Secondary School mit einem D (entspricht einer 4). Man kann nicht gerade sagen, dass Dennis immer einfach zu führen war. Das weiß Dennis heute selber und er ist sehr froh, dass Shangilia ihn nicht hat fallen lassen. Nach der Schule wusste er genau, was er machen wollte: die großen Baumaschinen fahren und reparieren. Zunächst machte er seinen Führerschein und anschließend eine drei monatige Ausbildung am Kibit College zum Plant Operator. Anschließend begann er eine neun monatige Ausbildung zum Plant Mechanic. Aber das genügte ihm nicht. Er wollte mehr lernen, um später einen besseren Job zu finden. Er arbeitete zusätzlich als Matatufahrer und bildete sich weiter fort zum Schweißer. Es war schwierig einen Job zu finden. Er arbeitete erst einmal ohne Lohn, um dann angestellt zu werden. Er fand eine Anstellung bei einem chinesischem Unternehmen im Straßenbau für sechs Euro am Tag. Dort stieg er auf und hatte schließlich sieben Kollegen unter sich, aber nur einen Vertrag für 15 Tage im Monat. Überraschend musste der Leiter der Firma das Land verlassen und alle verloren ihren Job, auch Dennis. Durch einen glücklichen Zufall konnte er sich bei STRABAG International bewerben, bekam ein Vorstellungsgespräch und musste seine Fähigkeiten zwei Wochen lang unter Beweis stellen. Das hat er geschafft und bekam nun die zweite Vertragsverlängerung. Inzwischen hat er fünf Mitarbeiter unter sich. Dennis sagt: „Ich fühle mich sehr wohl bei Strabag. Die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ich lerne jeden Tag dazu und muss mich beweisen. Das gefällt mir. Im Gegensatz zu den Chinesen werden die Maschinen hier regelmäßig gewartet, bevor sie kaputt gehen. Ich bin einfach nur glücklich.“
Der Fußballplatz wird gebaut
Lange mussten Ken und die Kinder warten bis wir den Wunsch erfüllen konnten, einen Fußballplatz ohne Löcher und Unebenheiten anzulegen. Nun ist es soweit!
Der Garten ist die beste Schule
Will man wissen, wo die Jungen morgens um sieben Uhr sind, muss man nicht lange suchen. Sie sind in ihrem geliebten Garten. Da sind Isaac, Alex, Marcus, Steve, Michael und Lawrence sich einig. „Emmanuel ist der beste Lehrer!“ Warum, will ich wissen. Er zeigt uns, was wir alles machen müssen, damit die Pflanzen gut wachsen und wir können es gleich umsetzen. „Sollen wir dir das mal zeigen“, fragen sie ganz aufgeregt und zeigen mir ihren kleinen Gärten. Also erst muss man das Gras abschneiden, das kommt dann auf den Kompost , anschließend graben und Ziegenmist untermischen und wässern. In die kleinen Löcher pflanzen wir dann was wir möchten. Kohl, Gurken, Zucchini, Süßkartoffeln, Erdbeeren, rote Beete, aber immer unterschiedliche Sachen nebeneinander. Wir wässern dann unsere Pflanzen immer mit Wurmsaft gemischt mit Wasser und nicht vergessen immer schön mulchen.“ Jeden Tag sind sie mindestens drei Mal am Tag im Garten und helfen Emmanuel auch auf den größeren Feldern. „Wir möchten Shangilia darin unterstützen, dass wir genug gesundes Essen haben. Außerdem werden wir stark durch die Arbeit und sind beschäftigt.“ Da habe ich keine Zweifel. Unser Dank geht nochmals an Silke Bollmohr, die diese Projekt nach wie vor begleitet.
Grauwasserreinigungsanlage ist fertig
Wir sind unserem Traum wieder näher gerückt, unser Gelände ausschließlich ökologisch nachhaltig zu gestalten. Das Grauwasser aus Dusche, Küche und Waschhaus wird nun gesammelt und mittels Bakterien und Molasse in mehreren Schritten gereinigt. 6.000 l Wasser werden so für die Bewässerung des Gartens wiederverwendet. Das Wasser wird aus dem letzten Tank hochgepumpt und von dort in die Tröpfchenbewässerungssysteme verteilt.
Die Kleinsten bekommen nun Ballettunterricht
Heute sind die kleinen Nachwuchstänzer*innen wieder ganz aufgeregt. Alexis soll kommen. Es findet wieder Ballettunterricht statt. Die Kinder sind schon umgezogen und voller Stolz tragen sie ihre Ballettschläppchen und Kostüme. Mit voller Konzentration und Hingabe folgen sie dann Alexis Anweisungen. Mit ernsten Gesichtern versuchen sie die Schrittfolgen zu kopieren. Es ist ein wahrer Genuss, sie dabei zu beobachten.
Shangilia sagt allen Freunden und Förderern ein dickes DANKE für Ihre Unterstützung und alles Gute für 2021!
Bleiben Sie gesund!
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